H-Kennzeichen Quo Vadis

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H-Kennzeichen Quo Vadis

Der Bundesrechnungshof hat dias BMF aufgefordert, die Regelung für das H-Kennzeichen anzupassen und hat im Einzplan 60 dazu folgendes veröffentlicht.

Immer mehr Oldtimer-Kennzeichen für Alltagsfahrzeuge: Hoher Steuerverzicht und Schadstoffbelastung werden zugelassen. (Kapitel 6001 Titel 03801)

Zusammenfassung

Die Vergünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Oldtimer, die als Alltagsfahrzeuge genutzt werden, widerspricht dem ursprünglichen Ziel des Gesetzgebers und den klimapolitischen Zielen der Bundesregierung. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) sieht keinen Handlungsbedarf. Die Oldtimer-Besteuerung mit einer finanziell günstigen Jahrespauschale sollte ursprünglich nur für Fahrzeuge gelten, die als historische Sammlerstücke zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturguts eingesetzt werden. Mittlerweile kann die Besteuerungsform auch auf Fahrzeuge angewendet werden, die im Alltagsverkehr als übliche Beförderungsmittel genutzt werden. Die rasante Zunahme auf fast 400 000 steuerlich begünstigte Fahrzeuge führt dazu, dass die jährlichen Einnahmen bei der Kraftfahrzeugsteuer um 170 Mio. Euro geringer ausfallen.

Der Bundesrechnungshof hält es für zwingend erforderlich, die Fehlentwicklungen zu beseitigen. Er hat das BMF zu einer zügigen Gesetzesinitiative aufgefordert, um Alltagsfahrzeuge aus der besonderen Oldtimer-Besteuerung auszuschließen.

36.1 Prüfungsfeststellungen

Besondere Oldtimer-Besteuerung

Mit dem Kraftfahrzeugsteueränderungsgesetz 1997 wurden Schadstoffemissionen bei der
Besteuerung von Personenkraftwagen stärker berücksichtigt. Damit wollte der Gesetzgeber
finanzielle Anreize für den Erwerb und die Nutzung von Fahrzeugen mit möglichst niedrigen
Emissionen setzen. Die gesetzlichen Änderungen führten bei älteren Fahrzeugen ohne moderne Abgasreinigungsanlagen zu einer höheren Kraftfahrzeugsteuer. Um nur gelegentlich verwendete Oldtimer mit geringer Fahrleistung steuerlich zu entlasten, schuf der Gesetzgeber eine besondere Oldtimer-Besteuerung. Dabei wird die Kraftfahrzeugsteuer mit einer Jahrespauschale festgesetzt, sofern den Fahrzeugen ein besonderes Oldtimer-Kennzeichen, das sogenannte H-Kennzeichen, zugeteilt wurde. Die Pauschale ist fast immer geringer als die Steuer bei der Regelbesteuerung nach den üblichen Kriterien wie Hubraum oder Schadstoffemissionen.

Bei einem Diesel-Pkw mit einem Hubraum von 1 500 ccm in der ungünstigsten Emissionsklasse beträgt die Steuerersparnis beispielsweise 371 Euro. Neben diesen finanziellen Vorteilen sind Oldtimer mit H-Kennzeichen von Fahrverboten in Umweltzonen befreit und zwar unabhängig von ihren individuellen Emissionen.

Oldtimer mit H-Kennzeichen haben sich verdreifacht

Mit der Einführung der besonderen Oldtimer-Besteuerung im Jahr 1997 wurden gleichzeitig
die Voraussetzungen für die Zuteilung von H-Kennzeichen in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung festgelegt. Danach mussten die Fahrzeuge u. a. älter als 30 Jahre sein und „vornehmlich zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes eingesetzt“ werden. Damit wollte der Gesetzgeber „nur alte“ Kraftfahrzeuge von der Regelung ausschließen, die im Alltagsverkehr als übliche Beförderungsmittel genutzt werden. Steuerlich begünstigt werden sollten nur Fahrzeuge, die als historische Sammlerstücke i. d. R. bei sogenannten Oldtimer Rallyes oder ähnlichen Veranstaltungen zum Einsatz kommen. Die Bundesregierung ging davon aus, dass damit ca. 135 000 Fahrzeuge ein H-Kennzeichen erhalten konnten.

Im Jahr 2007 wurde die Vorschrift zur Zuteilung von H-Kennzeichen in die neu geschaffene
Fahrzeug-Zulassungsverordnung überführt. Dabei lockerte der Verordnungsgeber die Voraussetzungen für die Zuteilung, ohne den Gesetzgeber zu beteiligen. Für ein H-Kennzeichen müssen die Fahrzeuge seitdem nicht mehr „vornehmlich zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes eingesetzt“ werden, sondern nur noch „zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes dienen“. Damit können nun auch Alltagsfahrzeuge ein H-Kennzeichen erhalten, die der Gesetzgeber ursprünglich ausschließen wollte.

Der Bestand an Oldtimern mit H-Kennzeichen wuchs bis zum Jahr 2019 auf rund 319 000 und zum Jahr 2020 um weitere 72 000 auf rund 391 000 Fahrzeuge an. Er hatte sich damit gegenüber den im Jahr 1997
angenommenen 135 000 Oldtimern fast verdreifacht.

Hohe Steuermindereinnahmen

Durch Zunahme der H-Kennzeichen wechselten zwangsläufig immer mehr Oldtimer bei der Kraftfahrzeugsteuer von der Regelbesteuerung in die günstigere Pauschalbesteuerung. Die Generalzolldirektion schätzte die Steuermindereinnahmen für das Jahr 2020 auf ca. 140 Mio. Euro. Für das Jahr 2022 geht der Bundesrechnungshof wegen der stetig steigenden Zulassungen mit H-Kennzeichen mittlerweile von mehr als 170 Mio. Euro Mindereinnahmen aus.

36.2 Würdigung

Die Vergünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Oldtimer, die im Alltagsverkehr als übliche
Beförderungsmittel genutzt werden, widerspricht dem ursprünglichen gesetzgeberischen Ziel der besonderen Oldtimer-Besteuerung. Danach sollten nur solche Oldtimer steuerlich entlastet werden, die als historische Sammlerstücke zur Pflege des kraftfahrzeugtechnischen Kulturgutes eingesetzt werden. Der im Vergleich zum Jahr 1997 rasante Anstieg der steuerlich begünstigten Oldtimer auf das Dreifache des ursprünglichen angenommenen Fahrzeugbestandes lässt die jährlichen Mindereinnahmen bei der Kraftfahrzeugsteuer für den Bund auf mittlerweile 170 Mio. Euro steigen. Es ist davon auszugehen, dass ein erheblicher Teil dieser Mindereinnahmen auf Oldtimer entfällt, die als Alltagsfahrzeuge genutzt werden.

Aufgrund der höheren Produktionszahlen und der Langlebigkeit der Fahrzeuge überschreiten künftig immer mehr Alltagsfahrzeuge die 30-Jahres-Grenze für die Einordnung als Oldtimer, sodass die Mindereinnahmen weiter steigen.

Der Bundesrechnungshof hält die steuerliche Subventionierung alter Fahrzeuge, die im Alltagsverkehr als übliche Beförderungsmittel genutzt werden, für nicht vertretbar. Vor dem Hintergrund der deutlich höheren Schadstoffemissionen alter Fahrzeuge widerspricht die Regelung auch der klimapolitischen Zielsetzung der Bundesregierung.

Nach ihrem Klimaschutzprogramm 2030 zur Umsetzung des Klimaschutzplans 2050 strebt die Bundesregierung eine nachhaltige und klimafreundliche Fortentwicklung des Steuer- und Abgabensystems sowie den Abbau umweltschädlicher Subventionen an. Der Bundesrechnungshof hat das BMF zu einer zügigen Gesetzesinitiative aufgefordert, um die besondere Oldtimer-Besteuerung bei der Kraftfahrzeugsteuer so zu gestalten, dass Alltagsfahrzeuge von der Regelung wieder ausgeschlossen werden.

36.3 Stellungnahme

Das BMF bestreitet, dass mit der besonderen Oldtimer-Besteuerung Fahrzeuge subventioniert werden, die im Alltagsverkehr als übliche Verkehrsmittel eingesetzt werden. Auch seien die Voraussetzungen für die Zuteilung eines H-Kennzeichens nicht gelockert worden. Nicht belegt seien zudem die Annahmen zur gesetzgeberischen Intention hinsichtlich des Inhalts und der Reichweite der Zuteilung von H-Kennzeichen.

Dem BMF seien keine belastbaren Zahlen darüber bekannt, ob und ggf. in welchem Ausmaß
Oldtimer als Alltagsfahrzeuge genutzt werden. Die Studie „Emissionen von über 30 Jahre alten Fahrzeugen“ der Bundesanstalt für Straßenwesen weise jedoch auf eine vergleichbar geringe durchschnittliche Jahresfahrleistung von Oldtimern hin, was gegen eine signifikante Alltagsnutzung von Oldtimern spreche. Nach dieser Studie sei auch die Umweltbelastung gering, die von Oldtimern ausgehe.

36.4 Abschließende Würdigung

Das BMF ignoriert weiterhin, dass die mit der besonderen Oldtimer-Besteuerung verbundenen gesetzgeberischen Ziele mit der tatsächlichen Entwicklung nicht in Einklang stehen. Vor dem Hintergrund der deutlich höheren Schadstoffemissionen alter Fahrzeuge wurde im Gesetzgebungsprozess der eingeschränkte Betrieb von Oldtimern unter Umweltschutzaspekten als gewünscht erachtet. Der Bundesrechnungshof weist die Aussage des BMF zurück, von Oldtimern gingen nur geringe Umweltbelastungen aus. Unbestreitbar übersteigen die durchschnittlichen Emissionen pro gefahrenem Kilometer bei alten Fahrzeugen die der Gesamtflotte um ein Vielfaches. Die vom BMF angeführte Studie bestätigt dies.

Der Bundesrechnungshof hält daher an seiner Forderung fest, Alltagsfahrzeuge aus der besonderen Oldtimer-Besteuerung auszuschließen. In Zeiten des Klimaschutzes ist es weder angemessen noch zeitgemäß, Alltagsfahrzeuge mit hohen Emissionen steuerlich zu begünstigen. Die genaue Anzahl der Oldtimer als Alltagsfahrzeuge ist hierfür letztlich nicht entscheidungsrelevant

Der erste Vorsitzende der Initiative Kulturgut Mobilität hat Herrn Kay Scheller / Präsident des Bundesrechnungshofes geschrieben und dazu Stellung genommen.

 

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